RHEINBLICK - 3 Fragen 3 Antworten - Karin Robinet

 

1. Viele Vermieter*innen halten sich nicht an den Bonner Mietspiegel. Was kann man dagegen tun?

Für den nicht-preisgebundenen Wohnraum kann der Mietspiegel den Bestandsmietern einen gewissen Schutz bieten. Verlangen Vermieter eine Mieterhöhung zur Anpassung an die ortsübliche Miete, muss begründet werden, warum der bisherige Mietzins nicht mehr den regionalen Mieten entspricht. Die Begründung erfolgt in vielen Fällen mit dem qualifizierten Mietspiegel. Das Land NRW hat unter Rot-Grün von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für 22 Städte eine Mietpreisdeckelung unterhalb der sonst üblichen Möglichkeit von 20% Mietpreiserhöhung in einem 3-Jahreszeitraum einzuführen. Bonn gehört zu den NRW-Städten, in denen die Miete in einem 3-Jahreszeitraum um maximal 15% steigen darf. Diese Mietbreisbremse gilt nicht bei Modernisierungen, nicht für möblierte Wohnungen und nicht für den Neubau. Beim Neubau sind Mieten frei verhandelbar. In Bonn sind Neubaumieten von mehr als 11 €/m2 eher die Regel, denn die Ausnahme. Teilweise werden 15 €/m2 verlangt. Und es gilt: Je kleiner die Wohnung, desto höher der durchschnittliche Preis pro m2 bei Neuvermietung. Dadurch steigt das Mietpreisniveau insgesamt.

Dagegen hilft vor allem eine deutliche Ausweitung des geförderten Wohnungsbaus und die Sicherung des vorhandenen Sozialwohnungsbestands durch Ankauf von Belegungsbindungen, weil das einen preisdämpfenden Einfluss hat. Auch hier gilt: Es muss für die Vermieter attraktiv sein, die Bindungen zu verlängern. Deswegen hat der Rat seit Jahren entsprechende Gelder für den Ausgleich für potentiell entgangene Mieterhöhungen bereitgestellt, die die VEBOWAG auch in Anspruch genommen hat. Andere Vermieter allerdings nicht, weil es attraktiver war, Mieterhöhungen anzustreben.

 

2. Die 30%-Quote ist in aller Munde. Wie ist Ihre Position zum Für und Wider?

In Bonn fehlen nach Expertenangaben gegenwärtig bis zu 7500 preisgebundene Wohnungen. Die VEBOWAG plant, bis zum Jahre 2022 gut 1170 Sozial-Wohnungen neu zu bauen. Das ist das, was wir mit unserer Kapitalausstattung wirtschaftlich stemmen können. Alleine mit der VEBOWAG werden wir die Lücke also nicht schließen können.

Es muss für die Immobilien-Unternehmen attraktiv sein, preisgedämpften Wohnungsbau anzubieten. Mit der 2015 unter Rot-Grün deutlich verbesserten Förderung des Landes NRW sowie einem preisgedämpften Grundstücksangebot lassen sich auch mit sozialem Wohnungsbau auskömmliche Renditen erzielen.

Mit der Kombination aus Anreizen (Förderprogramme und Grundstücksverbilligung) und ordnungspolitischen Vorgaben (vorgegebene Quote/Anteil an Sozialwohnungen am Neubau) sind in anderen Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt ermutigende Erfahrungen gewonnen worden. Die anlagesuchenden Investoren lassen sich auf diese Rahmenbedingungen ein. Dies wird in der Fachzeitschrift „Immobilienwirtschaft“ Ausgabe 12/2015 mit Verweis auf München, Düsseldorf, Stuttgart und Hamburg berichtet. Das Problem scheint jedoch zu sein, dass durch diese Anreizstruktur zu wenig Wohnungen für das mittlere Preissegment zwischen 6,25 € und 9,00 € entsteht. Deswegen ist auch die die Ausgestaltung der Quote entscheidend. Anzustreben ist ein flexibler Umgang mit der Quote und detaillierte an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Vorgaben in der Bauleitplanung.

Last but not least: Dass der Rat der Stadt Bonn auf Vorschlag der Mehrheitsfraktionen nun in den nächsten städtischen Haushalt 2017/18 (endlich) mehr Stellen für den Planungs- und Stadtentwicklungsbereich bewilligen will, ist ein unverzichtbarer Schritt in Richtung Steigerung des preisgedämpften Wohnbaus in Bonn.

 

3. Mietpreise sind auch Marktpreise, die in einem Stadtteil höher, im anderen niedriger sind. Was bedeutet das für das soziale Gefüge in unserer Stadt?

Die amtierende Jamaica-Koalition strebt für Bonn eine stadtweite Quote von 30% bei Wohnungsneubauvorhaben an.  Dagegen wird eingewandt, dass dies das soziale Gefüge der Stadt stört. Ich glaube, dass hier ein falsches Verständnis davon vorherrscht, was Sozialwohnungsbau bedeutet.

Nach Expertenangaben haben annähernd 50% der Mieter einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Das Problem in Bonn sind die Grundstückseinstandspreise. Dagegen hilft die Quote – siehe oben – nur bedingt und übt erst langfristig einen preisdämpfenden Einfluss aus. Deswegen ist es vernünftig, vorhandene Grundstücksreserven besser auszunutzen und Großwohnungen durch Kleinwohnungen zu ersetzen und damit insgesamt mehr Wohneinheiten zu schaffen. Dass damit auch räumliche Konzentrationen einhergehen, will ich nicht leugnen. Ich meine aber auch, dass die Gleichung „räumliche Konzentration von sozialem Wohnungsbau = räumliche Konzentration von sozialen Problemlagen“ nicht aufgeht. Es darf nicht als „Makel“ gelten, wenn man in einem Gebiet mit vielen Sozialwohnungen wohnt. Zwei Dinge sind entscheidend. Das Belegungsmanagement und die äußere Gestaltung. Die Vermieter vor Ort wissen oftmals besser als die zuweisende Behörde, wer zu wem passt. Kluges Belegungsmanagement, das auf die Belastungsfähigkeit der Nachbarschaft Rücksicht nimmt, ist wichtig. Zum zweiten ist die ästhetische Gestaltung der Siedlungen für das Wohlfühlen entscheidend. Als VEBOWAG haben wir beispielsweise bei der Renovierung des Geschosswohnungsbaus im Pennenfeld eine Anpassung der Farbgebung an die umliegende Reihenhausbebauung vorgenommen, so dass ein einheitliches Stadtbild entsteht. Am Standort "In der Grächt" in Lengsdorf ist optisch nicht unterscheidbar, was freifinanzierter und preisgebundener Wohnraum ist. Auch das finde ich wichtig. Denn wir wollen uns in unseren Städten wohlfühlen. Freundliche Farben, gepflegte Bauten und ansprechende Grünanlagen/Mietergärten in den Siedlungen gehören dazu.

Nötig finde ich die Verhinderung von „Parallelgesellschaften“, in der sich die Bevölkerungsgruppen voneinander abschotten. Das gilt für das Villenviertel in Bad Godesberg und Röttgen genauso wie für Viertel, in denen der Geschosswohnungsbau das Stadtbild dominiert. Mit Quartiersmanagement kann man für Begegnung der unterschiedlichen Schichten und für sozialen Zusammenhalt sorgen. Das ist auch deswegen notwendig, weil die Bindungskraft traditioneller Milieus wie Kirchen, Gewerkschaften oder Parteien abnimmt. Deswegen sollte man Quartiersmanagement nicht auf „Gebiete mit sozialem Erneuerungsbedarf“ beschränken. Zumindest modellhaft sollte Quartiersmanagement in einem der Villenviertel von Bonn erprobt werden, in denen häufig viele alte Menschen in viel zu großen Wohneinheiten alleine leben, die sich einen Umzug aber nicht mehr zutrauen. Vielleicht lassen sich durch „Wohnungstauschbörsen“ auch Brücken zwischen den Quartieren und Bevölkerungsgruppen schlagen. Das wäre jedenfalls eine lohnende Aufgabe, die ebenfalls zur Wohnungsmarktentspannung beitragen kann.

 

Biografische Angaben:

Karin Robinet ist seit 2005 auf Vorschlag des Rates und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Mitglied  im Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Vereinigte Bonner Wohnungsbaugesellschaft (VEBOWAG). Seit 2015 ist sie die gewählte Vorsitzende des Aufsichtsrats der VEBOWAG.

Die verheiratete 58jährige hat über den zweiten Bildungsweg Volkswirtschaft und Sozialökonomie an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) und der University of East Anglia studiert. Nach ihrem Studium hat sie in der umweltökonomischen Forschung gearbeitet und ist vor gut 20 Jahren von Hamburg nach Bonn zur Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen gewechselt. Dort koordinierte sie den Arbeitskreis „Wirtschaft und Finanzen“. Nach ihren eigenen Angaben war die Entscheidung von Berlin nach Bonn zurückzukehren, eine bewusste Entscheidung für Bonn. Hier arbeitet sie seit Mai 2001 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundesamt für Naturschutz. Dort befasst sie sich u.a. mit den Möglichkeiten und Grenzen des Abbaus naturschädlicher Subventionen und ist seit 2012 Vorsitzende des Personalrats. Außerdem ist Karin Robinet Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Bonner Altenhilfe und stellvertretendes Mitglied im Sozialausschuss für Bündnis 90/Die Grünen.

 

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